Achtung, es wird lang - Kekse holen!
Frühjahr 2017
Schon bei meinen Beiträgen im Januar und Februar 2017 hatte ich erzählt, dass der Kleine immer dnner wurde. Ich habe gefühlt alles probiert, alle möglichen Fette, getrocknete Hühnerhaut, Leckerlis bis zum Abwinken. Alles schmeckte höchstens drei Tage lang und je mehr ich darauf erpicht war, dass er etwas davon frass, umso weniger wollte er. Irgendwann habe ich dann die Waffen gestreckt uns eingesehen, dass nun langsam der körperliche Verfall einsetzt. Futter war immer im Überfluss und rund um die Uhr verfügbar, der Appetit schwankte aber ziemlich.
Ende Mai war wieder ein Urlaub mit dem Wohnmobil geplant. Wir wussten, dass das schon spät im Jahr ist und ordentlich heiss sein kann, aber es bot sich so schön an mit Himmelfahrt und Pfingsten. Geplant war eigentlich die Bodenseeregion. Zu weit wollten wir nicht mehr fahren um notfalls in wenigen Stunden nach Hause fahren zu können. Der Wetterbericht, der 35° meldete, liess uns dann kurzfristig auf den Hochschwarzwald umschwenken. Nach einer ersten Nacht in einem schattigen Flusstal und einer beinahe kollabierenden Katze sind wir direkt wieder nach Hause gefahren. Es war zu heiss, es ging nicht mehr, hechelnde Katze, Urlaub gestrichen.
Sommer 2017
Der Sommer, ohnehin schon unsere Horrorjahreszeit, brachte neben heissem und vor allem schwülen Wetter auch noch einen Umzug ins Eigenheim. Viel Arbeit, viel Stress, viele Veränderungen. Aber wir hatten uns gut vorbereitet und unser oberstes Ziel (neben "endlich fertigwerden") war, dass die Katzen nicht zu kurz kommen. Das haben wir, glaube ich, auch nicht schlecht hingekriegt. Eine Woche lang, als die Wohnung jeden Tag leerer wurde, fanden die beiden Jungs es ganz doof. Aber in der neuen Wohnung haben sie sich auf Anhieb heimisch gefühlt, schon nach dem ersten Tag haben sie sich bewegt, als seien sie schon ewig dort.
Aber die Argusaugen waren in diesen Wochen vielleicht nicht immer ganz so geschärft wie sonst, kleine Verschlechterungen wurden nicht sofort entdeckt. Nach dem Umzug Mitte August wurden zwei Dinge auf einen Schlag überdeutlich: 1. die Entwässerung reicht nicht mehr aus und 2. der jahrelange Medikamentencocktail hat den Magen arg angegriffen. Nach gefühlt jeder zweiten Tablette wurde gekotzt, mit Futter, ohne Futter, völlig egal. Also gab es ab diesem Zeitpunkt eben auch noch zweimal täglich einen Säureblocker (Cimetidin), und zwar immer schön 1/2 Stunde vor den anderen Medikamenten. Viel lieber hätte ich mit SEB gearbeitet, damit hatten wir schon bei Gastritis sehr gute Erfahrungengemacht, aber SEB hemmt die Aufnahme der Wirkstoffe anderer Medikamente, da wäre ich mir mit den Zeitabständen einfach nicht sicher gewesen. Wie dem auch sei, der Säureblocker tat seine Wirkung, und wir waren jetzt bei 5x täglich Tabletten angelangt. Aufstehen um 04:40 Uhr. Jeden Tag, auch am Wochenende.
Die Erhöhung der Entwässerung brachte nur wenige Tage Entlastung. Dann fing Katerchen wieder heftig an zu schnaufen, hatte den typischen "Verschluck-Husten", der immer deutlich anzeigte, dass wieder Wasser auf der Lunge ist. Rücksprache mit dem Kardiologen. Der riet dringend davon ab, das Furosemid noch weiter zu erhöhen, wir waren mittlerweile bei 12.5 mg 2x täglich angelangt, bei einem Körpergewicht von etwas über 5 kg. Nach einigem hin und her beschlossen wir, einen Versuch mit Spironolacton zu wagen.
Spironolacton ist ein schwaches Diuretikum, das man zu einer anderen Entwässerung dazu geben kann. Es wird ausserdem als kaliumsparend beschrieben, ist eigentlich ein Aldesteronantagonist (für diejenigen, die das nachschlagen wollen). Wir hatten hier im Thread dieses Thema schon einmal vor gefühlten Ewigkeiten, im Zusammenhang mit dem Kaliummangel, der bei uns ja immer ein Thema war. Damals schloss ich Spironolacton aus, weil in der einzigen Studie mit Katzen 1/3 der Studienteilnehmer Hautgeschwüre bekam. Die Studie wurde abgebrochen.
Diese Nebenwirkung diskutierte ich natürlich auch mit dem Kardiologen. Auf meine ausdrückliche Frage, ob er denn selber in seinem Patientenkreis diese Nebenwirkung schon einmal gehabt habe, verneinte er. Er habe das Medikament zwar erst bei geschätzt 5-10 Katzen eingesetzt, aber diese seien ohne Nebenwirkungen geblieben. (für die ganz Neugierigen: die Studie ist m.W. nicht frei im Netz verfügbar, wohl aber eine Zusammenfassung. Auffallend ist die geringe Anzahl der Studienteilnehmer und mehr noch, dass ausschliesslich Maine Coons und MC-Mischlinge beteiligt waren. Nun bin ich weder Mediziner noch Naturwissenschaftler, aber hmmm).
Also versuchten wir es mit dem Spironolacton, 5 mg 2x täglich. Nach knapp 2 Wochen Kontrolle der Blutwerte: Zum ersten Mal seit dem ersten kritischen Blutbild im November 2014 war der Kaliumspiegel schön mittig in der Referenz! Das haben wir mit massiver Kaliumsubstitution in 2 1/2 Jahren nie hingekriegt.
Rückblickend wünschte ich, den Versuch mit dem Spironolacton viel früher gewagt zu haben. Woher auch immer dieser Kaliummangel kam, dieses Medikament brachte den Spiegel endlich ins Lot. Wenn man bedenkt, dass Kaliummangel Unwohlsein, Appetitlosigkeit und Schwäche auslöst, und wir ständig bestenfalls am unteren Rand der Referenz rumdümpelten, wäre das vermutlich der richtige Ansatz gewesen. Bis zum letzten Tag zeigten sich keine Nebenwirkungen.
Herbst/Winter 2017
Die zusätzliche Entwässerung brachte aber auch nur eine kurzfristige Erholung: schon Ende September wieder deutliche Wasseranzeichen. Der Kardiologe tippte in Ferndiagnose allerdings nicht auf ein Lungenödem, sondern auf einen Pleuralerguss. Er riet, Katcherchen zu schallen und ggf. zu punktieren. Das stellt uns vor eine schwierige Entscheidung: Wir hatten ihm versprochen, dass er nicht mehr in die Klinik müsse und auch, dass wir nicht alle medizinischen Möglichkeiten ausschöpfen würden sondern immer in seinem Sinne entscheiden. Auch wussten wir bereits, dass punktierte Ergüsse schneller wieder "volllaufen". Nachdem wir uns fragten, wann man denn dann den Schlussstrich ziehen würde, entschieden wir uns, nicht zu punktieren. Unsere Haustierärztin war zu diesem Zeitpunkt gerade in den Ferien, wir holten uns nur Furosemid zum subkutan spritzen zur Überbrückung des Wochenendes. Für den kommenden Montag vereinbarten wir einen Hausbesuch der Haustierärztin. Katerchen schnaufte so erbärmlich, wir waren uns sicher: das wars jetzt.
Offensichtlich konnte er wieder einmal unsere Gedanken lesen. Er drehte richtig gehend auf, spielte, frass für zwei. Den Termin haben wir schön wieder abgesagt. An der Medikation änderten wir vorerst nicht.
Ende November waren wir dann in der Situation, dass wir kaum noch von einer Entwässerung zur nächsten kamen. Die Tabletten wirkten, aber keine 12 Stunden mehr. Ein 8-Stunden-Rythmus wäre nur möglich gewesen, wenn wir unsere Jobs gekündigt hätten. Also musste eine neue Lösung her. Zufällig hatte ich einige Monate zuvor diesen Artikel gelesen:
https://vetline.de/download/so…7-diuretika/index.html#/0
Darin ging es um eine Entwässerung mit Torasemid statt Furosemid. Torasemid weist eine längere Wirkungsdauer (24 h statt 12 h) auf. Unser Kardiologe meinte nur: "Das habe ich bei Katzen noch nie eingesetzt, und erst bei 1-2 Hunden. Probieren Sie es." Gesagt getan, Dosis berechnet, allfällige Erhöhungsschritte besprochen. Wir sollten mit einer Verabreichung 1x täglich starten, wenn es nicht ausreicht, auf 2x täglich wechseln.
Der Wechsel auf 2x täglich kam an Weihnachten, wieder hatten wir eine erbärmlich keuchende Katze vor uns, hecheln im Ruhezustand, die Lippen wurden schon blau. Nach Wechsel auf den 12-Stunden-Rythmus war es dann endlich gut, bis zum letzten Tag. Wir wussten, dass die zuletzt gegebene Dosis vermutlich viel zu hoch war und die Nieren auf jeden Fall längerfristig darunter leiden würden. Doch war schon absehbar, dass wir uns dem Ende seines Lebens in grossen Schritten näherten. Wohlbefinden stand an oberster Stelle, Spätfolgen waren egal.
So, nun lege ich eine Pause ein. Der Rest folgt später.